von ANMIC
1. Oktober 2019Genug Ausreden! Besetzt keine Behindertenparkplätze!
Vor kurzem fand in Bozen ein besonderer Rollentausch statt: Unter dem Sensibilisierungsprojekt „Nur 1 Minute“ wurden Autofahrer mit einem Problem konfrontiert, welches Rollstuhlfahrer täglich bewältigen müssen: es gab keine freien Parkplätze. Da Behindertenparkplätze häufig von nicht berechtigten Fahrern besetzt werden, hat die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) den Spieß umgedreht und Parkplätze in der Landeshauptstadt mit Rollstühlen blockiert, um auf die Thematik „Behinderung im Alltag“ und den dazugehörigen Hürden für Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen.
Ausgehend von der Tatsache, dass Personen immer wieder unberechtigt auf Behindertenparkplätzen parken, wurde mit dem Sensibilisierungsprojekt „Nur 1 Minute“ die Situation umgedreht: Anstatt einen freien Parkplatz vorzufinden, trafen Autofahrer auf Rollstühle, welche auf allen freien Parklücken platziert wurden. Nicht-gehbehinderte Personen erlebten so jenes Szenario, welches Rollstuhlfahrer des Öfteren erdulden müssen. Das Projekt der Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) zielt darauf ab, das Parkverbot auf Behindertenparkplätze zu respektieren und einen empathischen und feinfühligen Umgang mit gehbehinderten Personen zu schaffen.
Mit dem Titel „Nur 1 Minute“ soll auf die häufige Rechtfertigung von nicht-gehbehinderten Personen verwiesen werden, welche ihr Auto nur kurz auf einem Behindertenparkplatz abstellen, um einer schnellen Erledigung nachzugehen. „Andere typische Ausreden sind ‚ich habe es eilig‘ oder ‚ausgerechnet jetzt wird wohl niemand den Parkplatz benötigen‘“, erklärt Elvira Moling, Praktikantin der ANMIC Südtirol und Projektleiterin der Sensibilisierungsaktion.
Während für einen herkömmlichen Autofahrer das Nichtfinden eines freien Parkplatzes lediglich für Verärgerung sorgt, stellt es eine gehbehinderte Person vor eine große Herausforderung. „Aufgrund ihrer Gehbehinderung sind diese Menschen auf die strategisch gelegenen Behindertenparkplätze angewiesen. Wird der Parkplatz ungerechtfertigt besetzt, verlängern sich die Gehwege, was bei einigen Personen zu starken Schmerzen führen kann. Besonders deutlich wird die Wichtigkeit auch im Falle dringender Erledigungen, wie beispielsweise einem Besuch beim Arzt. Was von außen als Kleinigkeit erscheinen mag, hat in Wahrheit eine große Auswirkung auf tausende Südtirolerinnen und Südtiroler“, unterstreicht Thomas Aichner, Präsident der ANMIC Südtirol.
Dank der Zusammenarbeit mit INTERSPAR und der Unterstützung vieler freiwilliger Helfer konnte dieses Projekt umgesetzt und ein Video erstellt werden (Link zum Video: www.youtube.com/watch?v=ADeywu_u1fU). Ein weiterer Dank geht an Dr. Oliver Neeb, geschäftsführender Direktor des betrieblichen Dienstes für Rechtsmedizin des Südtiroler Sanitätsbetriebes, welcher die 30 Rollstühle bereitstellte. Gefilmt wurde von Manuel Nöckler aus Sterzing, der Schnitt wurde von Nicolai Baun Ruiz aus Stuttgart gemacht.
Wie wertvoll die Umsetzung von solchen Kampagnen ist, betont auch Robert Hillebrand, Leiter der Austrian Spar International AG (ASPIAG): “Wenn jeder einzelne seinen Beitrag leistet, funktioniert das Zusammenleben einfach besser. Unser Unternehmen steht für Inklusion und Respekt, weshalb wir unsere Parkplätze sehr gerne für dieses tolle Projekt zur Verfügung gestellt haben.“
Dass es sich beim Falschparken auf Behindertenparkplätzen um keine Einzelfälle handelt, bestätigt die Stadtpolizei von Bozen: Im Jahr 2018 wurden alleine in Bozen 447 Strafprotokolle aufgrund von Falschparken auf Behindertenparkplätzen aufgenommen. Dabei müssen die Fahrer mit einer Strafe in Höhe von 87 Euro für PKWs und 41 Euro für Motorräder, sowie einem Abzug von 2 Führerscheinpunkten rechnen. Im Gegensatz dazu sind in der Gemeinde Bozen mehr als 2.000 Personen aufgrund ihres Behindertenausweises dazu berechtigt, auf den für sie vorgesehenen Parkplätzen zu parken.
Bild: © ANMIC Südtirol