Beschäftigung und Arbeitsbedingungen

von ANMIC

3. März 2014

Personen mit Behinderungen und gleichberechtigte Behandlung

Der Europäische Gerichtshof hat wieder bezüglich Arbeit und Beschäftigung von Personen mit Behinderungen Stellung genommen.

Im besagten Urteil heißt es: „Die italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtung zur ordnungsgemäßen und vollständigen Umsetzung von Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verstoßen, dass sie nicht allen Arbeitgebern auferlegt hat, für alle Menschen mit Behinderungen die im konkreten Fall erforderlichen und angemessenen Vorkehrungen zu treffen.“

Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG schreibt den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft vor, in ihrer Gesetzgebung die Arbeitgeber zu verpflichten, wirksame und praktische Maßnahmen zu ergreifen, zum Beispiel durch Anpassung der Arbeitsräume und –werkzeuge, der Arbeitsverfahren oder durch Aufteilung der Aufgaben aufgrund der konkreten situationsbedingten Bedürfnisse, um den Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufes, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten. Diese Vorkehrungen können auch in einer Arbeitszeitkürzung bestehen.

Daraus folgt, dass es im Sinne einer vollständigen Umsetzung des Art. 5 genannter Richtlinie nicht ausreicht, öffentliche Vorkehrungen und Stützmaßnahmen vorzusehen; vielmehr müssen die Mitgliedsstaaten allen Arbeitgebern die Pflicht auferlegen, je nach konkreter Situation Vorkehrungen zugunsten aller Menschen mit Behinderungen für die Beschäftigung und die Arbeitsbedingungen zu ergreifen.

Die italienische Gesetzgebung führt keinerlei Pflicht dieser Art an, denn:

  • Das Gesetz 381/1991 enthält die Bestimmungen für die Sozialgenossenschaften. 30% ihres Personals müssen benachteiligte Personen sein. Obengenanntes Gesetz, das für die Arbeitseingliederung der Menschen mit Behinderungen durch solche Strukturen bestimmt ist, enthält keine Vorschriften, die alle Arbeitgeber zur Anwendung angemessener Vorkehrungen aufgrund der konkreten situationsbedingten Anforderungen verpflichten würden.
  • Das Gesetz 68/99 bezweckt die Förderung des Zuganges zur Beschäftigung für einige Menschen mit Behinderungen und regelt also nicht die Übernahme der Vorschriften des Art. 5 der Richtlinie 2000/78.
  • Das gesetzesvertretende Dekret 81/2008 regelt nur einen Aspekt der von Art. 5 besagter Richtlinie geforderten angemessenen Vorkehrungen, und zwar die Anpassung der Aufgaben an die Behinderung der jeweils betroffenen Person.

Daraus folgt, so der Gerichtshof, dass die italienische Gesetzgebung auch bei einer Gesamtbetrachtung in keiner Weise die Gesamtheit der Arbeitgeber dazu verpflichtet, bei Bedarf konkrete Vorkehrungen zu Gunsten aller Menschen mit Behinderungen zu treffen, um ihnen den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung des Berufes, die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen.

Die italienische Republik wurde daher dazu verurteilt, sich an diesen Grundsatz durch den Erlass von Bestimmungen anzupassen, die zum ersten Mal in der italienischen Gesetzgebung auf die Betriebsorganisation einwirken.

Die Unanfechtbarkeit der Organisationsbefugnis der Arbeitgeber stößt nun an eine Grenze, nämlich gegen die durch den Staat zu erlassende Verpflichtung für den Arbeitgeber, die Produktionsstruktur für den Zugang der Menschen mit Behinderung zur Produktionswelt anzupassen, mit dem einzigen Vorbehalt, dass diese Anpassung angemessen und nicht unverhältnismäßig belastend sei.

Dies stellt einen neuen Schritt zur konkreten Umsetzung des Verfassungsgrundsatzes der sozialen Funktion des Eigentums und des Unternehmens dar, unbeschadet der unanfechtbaren Rechte der Person.

 

Quelle: Tempi Nuovi, offizielle Zeitschrift der Nationalen ANMIC
Bild: CC0 1.0 Universal, www.unsplash.com

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