von ANMIC
9. März 2018Gesetz 104/92: Versetzung von Arbeitnehmern, die einen behinderten Familienangehörigen betreuen
Ein neues Urteil, das unseres Erachtens nicht mehr notwendig war, hat für besonders große Aufruhr und Schlagzeilen in den italienischen Tageszeitungen gesorgt. Im Grunde bestätigt dieses Urteil jedoch nur selbstverständliche und bereits bewährte Grundsätze und kommt zu einem Ergebnis, das gar nicht anders ausfallen hätte können. Manchmal führt die Sturheit der Streitparteien und Anwälte zu Verbissenheit, obwohl sie von vornherein wissen, dass ihre Forderung sicherlich abgelehnt werden wird. Kann denn ein Arbeitgeber eine unproduktive und eigentlich abzuschaffende Stelle aufrechterhalten, nur weil der Arbeitnehmer, der eine behinderte Person betreut, nicht versetzt werden will oder kann? Dass dies keinen Sinn macht, sagt uns auch der Verstand. Wenn der Arbeitgeber die Stelle abschafft, muss sich der Beschäftigte, auch wenn er das Gesetz 104/92 beansprucht, versetzen lassen. Aus diesem Grund sind Artikel erschienen wie „Versetzung von Arbeitnehmern, die eine behinderte Person betreuen, ist möglich“. Das ist kurzgesagt und ohne große fachliche Erklärungen Hauptbestandteil der Situation.
An dieser Stelle kommentieren wir das Urteil Nr. 12729/2017 des Kassationsgerichtshofes, das für so viel Unruhe gesorgt hat. Auslöser war die Anfechtung einer unrechtmäßigen Versetzung, und die Berufung auf Art. 33, Absatz 5 des Gesetzes 104/92 („Der berufstätige Elternteil oder Familienangehörige mit einem öffentlichen oder privaten Dienstverhältnis, der fortwährend eine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende, bis zum dritten Grad verwandte oder verschwägerte Person mit Behinderung betreut, hat Anrecht darauf, wo es möglich ist, den dem Wohnort nächstliegenden Arbeitsort zu wählen und darf ohne seine Zustimmung nicht an einen anderen Ort versetzt werden.“) ist nur einer der Gründe, welche die Rekursstellerin (eine technische Leiterin der Radiologie einer Sanitätseinheit in Rom) dazu bewegt haben, die Versetzung anzufechten. Genau gesagt ist dies der Restgrund, denn die ganze Geschichte hängt mit einem vorhergehenden strafrechtlichen Urteil zusammen. Besagtes Urteil war inzwischen vom selben Kassationsfall beschlossen worden und sollte die Versetzung als Racheakt infolge der Verweigerung der Beschäftigten auf die Angebote des Vorgesetzten ahnden. Der Grund wurde vom Kassationshof „als zu spät vorgelegter und daher unzulässiger Einwand“ abgewiesen. Ebenso wurde der Grund der Entfernung zwischen der alten und der neuen Arbeitsstelle wegen Mangel an Relevanz als unzulässig eingestuft, da im Nationaler Kollektivvertrag (NKV) für das Gesundheitswesen der Einsatz des Personals in Einrichtungen im Umkreis von 10 km ab der Zuweisungsstelle vorgesehen ist.
Schlussendlich bestand der einzige zulässige, aber nicht stichhaltige Grund in der Tatsache, dass die Arbeitnehmer einen Familienangehörigen mit Behinderung betreute. Der oberste Gerichtshof hat nichts Neues beschlossen, sondern nur das Urteil Nr. 25379 von 2012 mit der Erklärung bestätigt, dass die Bestimmung des Art. 33, Absatz 5 des Gesetzes Nr. 104/92 „im verfassungsrechtlichen Sinne zum Schutz der Person mit Behinderung ausgelegt werden muss; insofern ist die Versetzung des Arbeitnehmers auch dann verboten, wenn die Behinderung des von ihm betreuten Familienangehörigen keine schwere Behinderung ist, außer, der Arbeitgeber beweist gegenüber der Art und der Stufe der psycho-physischen Behinderung das Bestehen tatsächlicher und dringender betrieblicher Anforderungen, die andernfalls nicht erfüllt werden können“. Im gegenständlichen Fall waren die betrieblichen Anforderungen durchaus gegeben, da die Röntgendienststelle in der ursprünglichen Einrichtung geschlossen werden sollte und am neuen Bestimmungsort eine Stelle für das Profil der Rekursstellerin vorgesehen war. Die Folge dieses Verfahrens ist die reine Bekräftigung seitens des Kassationshofes der Rechte der Personen mit Behinderungen und ihrer arbeitenden und sie betreuenden Familienangehörigen, auch wenn es sich nicht um eine schwere Behinderung handelt.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir daran erinnern, dass die Arbeitnehmer, die eine Person mit Behinderung gemäß Art. 3, Absatz 3 des Gesetzes 194/92 betreuen, bis zu drei Tagen pro Monat oder, wie von mehreren Rundscheiben des Nationales Institut für Soziale Fürsorge (NISF) erklärt, eine oder zwei Freistunden pro Tag je nach Arbeitszeit beantragen können.
Bild: © Evlakhov Valeriy, www.shutterstock.com