Zivilinvaliden in Südtirol: Statistik

von ANMIC

5. Mai 2022

Zahlen steigen wieder

46.252 Zivilinvaliden leben aktuell in Südtirol. Oder anders ausgedrückt: Ca. jeder 12. Südtiroler ist aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Krankheit als solcher anerkannt. In einer aktuellen Statistik veröffentlicht die landesweit größte Interessenvertretung für Zivilinvaliden und Menschen mit Behinderung, die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol), umfassende Daten und erklärt, was Betroffene bei Rekursanträgen beachten müssen.

Aktuell zählt Südtirol 46.252 Menschen, welche aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Krankheit als Zivilinvalide anerkannt sind. Für diese Anerkennung, gegliedert nach Schweregrad und gewertet in Prozenten, muss die entsprechende Ärztekommission eine allgemeine Arbeitsunfähigkeit von mindestens einem Drittel bzw. 34% bestätigen.

„Im Jahr 2020 gab es aufgrund weniger neuer Anerkennungen einen außergewöhnlich großen Rückgang an Zivilinvaliden. Dies war vor allem auf Covid-19 und auf die Überlastung des Gesundheitssystems zurückzuführen. In den letzten 12 Monaten hat sich die Situation allerdings verbessert und mehr Menschen konnten Ihre Visiten zur Anerkennung der Zivilinvalidität wahrnehmen“, erklärt Thomas Aichner, Präsident der ANMIC Südtirol. „Dank der guten Zusammenarbeit mit Dr. Oliver Neeb, geschäftsführender Direktor des betrieblichen Dienstes für Rechtsmedizin, wissen wir, dass die Gesamtzahl der Südtiroler Zivilinvaliden im Vergleich zum Vorjahr um 445 Menschen angestiegen ist. Auch wenn diese Zahl geringer ist als in der Vergangenheit, spricht dies für eine Stabilisierung der Ärzteverfügbarkeit und auch dafür, dass diese Menschen und deren Angehörige aktiv um Hilfe ansuchen.“

Mit 20.958 Südtirolern gibt es landesweit die meisten Zivilinvaliden, deren Invaliditätsgrad zwischen 34% und 73% liegt. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Anstieg von 214 Personen bzw. +1,03 Prozent. Je nach ihrem Invaliditätsgrad können Zivilinvaliden verschiedene Hilfeleistungen beanspruchen, welche von der Vergabe von Hilfsmitteln bis hin zum Genuss finanzieller Leistungen reichen. Eine davon ist die monatliche Zivilinvalidenrente von 446,95 Euro. Unter Einhaltung bestimmter Kriterien kann diese von jenen Zivilinvaliden in Anspruch genommen werden, deren Invaliditätsgrad mindestens 74% beträgt. Im Vergleich zum Vorjahr und mit einem leichten Anstieg von 25 Zivilinvaliden, stieg die Personenspanne mit einem Invaliditätsgrad von 74% bis 99% auf 11.416 Personen an (+0,22%).

 

Anerkannte Zivilinvaliden
bis Jänner 2021
Anerkannte Zivilinvaliden
bis Jänner 2022
Veränderung
Unter 74% Zivilinvalidität 20.744 20.958 +1,03%
74%-99% Zivilinvalidität 11.391 11.416 +0,22%
100% Zivilinvalidität 7.298 7.498 +2,74%
100% Zivilinvalidität mit Begleitgeld 6.374 6.380 +0,09%
Gesamt 45.807 46.252 +0,97%
Bevölkerung in Südtirol 533.597 534.912 +0,25%

 

Den deutlichsten Zuwachs verzeichneten zu Jahresbeginn die Vollinvaliden, sprich Personen mit einer 100%igen Zivilinvalidität: Mit einem Plus von 200 Personen stieg deren Zahl von 7.298 auf 7.498 Personen an, was wiederum einem Zuwachs von +2,74% entspricht. In der Kategorie der Menschen, die aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes eine 100-prozentige Zivilinvalidität mit Begleitgeld zuerkannt bekamen, stieg die Gesamtzahl nur leicht: Im Vergleich zum Vorjahr und mit einem Zuwachs von 6 Personen (+0,09%), zählt Südtirol aktuell 6.380 Personen, welche ihren Alltag nicht mehr autonom bewältigen können und deshalb das Begleitgeld im Wert von monatlichen 525,17 Euro beziehen.

Entgegen vieler Annahmen, betrifft diese Kategorie auch Tausende Südtiroler im erwerbsfähigen Alter: Aus den statistischen Aufzeichnungen wird deutlich, dass 4.364 Personen zwischen 18 und 64 Jahren von Pathologien betroffen sind, welche die Ärztekommission mit einem erhöhten Invaliditätsgrad von 74% bis 99% bewertet hat. „Wenn wir von Zivilinvaliden sprechen“, erklärt Thomas Aichner, „dann sind dies nicht zwingend ältere Menschen. Auch über tausend Kinder und Jugendliche sind von einer Zivilinvalidität betroffen, die meistens angeboren ist. Nichtsdestotrotz sind mehr als 40% aller Südtiroler Zivilinvaliden über 75 Jahre alt, was mit altersbedingten Krankheitsbildern einhergeht.“

 

Zivilinvalidität bis Jänner 2022 nach Alter 0-17 Jahre 18-44 Jahre 45-64 Jahre 65-75 Jahre Über 75 Jahre
Unter 74% Zivilinvalidität 633 2.654 8.210 4.210 5.251
74%-99% Zivilinvalidität 629 1.335 3.029 2.030 4.393
100% Zivilinvalidität 2 230 1.080 1.056 5.130
100% Zivilinvalidität mit Begleitgeld 320 591 791 581 4.097
Gesamt 1.584 4.810 13.110 7.877 18.871

 

Neben der Zivilinvalidität kann auch um das Gesetz 104/92 angesucht werden, welches im Unterschied zur Zivilinvalidität nicht eine allgemeine Arbeitsunfähigkeit, sondern den Grad der Behinderung feststellt. Aufgrund seiner steuer- und arbeitsrechtlichen Begünstigungen ist die Zuerkennung dieses Gesetzes für Betroffene besonders wichtig. Gab es bis Jänner 2021 noch 13.221 Personen mit dem Gesetz 104/92, so stieg deren Zahl im Laufe eines Jahres mit einem Plus von 1.474 auf 14.695 Personen an (+11,15%). Dieser signifikante Wert ist damit der stärkste Anstieg im Laufe eines Jahres, der in Südtirol seit Beginn der Aufzeichnungen erfasst wurde. „Dies führen wir zum einen auf den stetig ansteigenden Informationsaustausch zurück“, erklärt Thomas Aichner. „Dank der verschiedenen Anlaufstellen und durch die Digitalisierung, sind Betroffene und deren Angehörige immer besser über die Vorteile dieses Gesetzes informiert und suchen folglich vermehrt darum an. Außerdem bevorzugen immer mehr Personen, ihre Angehörigen selbst zu pflegen und suchen deshalb um die entlohnte Arbeitsfreistellung an.“

 

Bis Jänner 2021 Bis Jänner 2022 Veränderung
Menschen mit einer Behinderung lt. Gesetz 104/92 13.221 14.695 +11,15%

 

„Positiv sind die Daten der Rekursanträge“, schildert Thomas Aichner. „Dies hängt besonders damit zusammen, dass wir zu Beginn des letzten Jahres eine Verlängerung der Rekursfristen von 60 auf 120 Tagen mit Erfolg beantragt haben. Ziel war es, den Zivilinvaliden in Zeiten des Notstandes und der sanitären Überlastung mehr Zeit für den Erhalt fachärztlicher Dokumentation zu geben, welche für jeden Rekursantrag vorausgesetzt wird.“ Dass diese Änderung Früchte getragen hat, bestätigt auch ein Blick auf die Statistik: Im Vergleich zum Vorjahr und mit einem Plus von 187 Anträgen hat sich die Zahl der gestellten Rekursanträge beinahe verdoppelt (+83,86%). Noch deutlicher verlief der Anstieg angesichts der behandelten Rekursanträge, welche sich um 206 Visiten erhöht haben. „Dass eine Erhöhung der behandelten Rekurse eintreten wird, war nach dem Covid-19-bedingten Tiefstand zu erwarten. Eine Veränderung von über 110% ist aber wirklich bemerkenswert und spricht für die Qualität und den großen Einsatz des betrieblichen Dienstes für Rechtsmedizin samt den Rekurskommissionen.“

 

Bis Jänner 2021 Bis Jänner 2022 Veränderung
Gestellte Rekursanträge 223 410 +83,86%
Behandelte Rekursanträge 187 393 +110,16%

 

Für jene, die mit dem Bescheid der Ärztekommission nicht einverstanden sind und deshalb Rekurs einreichen möchten, gelten ab sofort wichtige Neuerungen: Da der gesetzlich festgelegte Covid-19-Notstand mit 31. März 2022 endet, gilt ab 1. April 2022 wieder die herkömmliche Rekursfrist von 60 Tagen. „Alle Personen, die noch innerhalb 31. März dieses Jahres ihre Kollegialvisite hatten, haben 120 Tage Zeit zur Einreichung des Rekursantrages. Fand die Visite hingegen ab dem 1. April statt, gelten die 60 Tage“, informiert Thomas Aichner abschließend.

 

Bild: CC0 1.0 Universal, www.unsplash.com

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